Qualifizierungswege in der elektronischen Sicherheitstechnik
Die Sicherheitslandschaft in Unternehmen hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Längst geht es nicht mehr nur um reine Arbeitssicherheit (Arbeitsschutz, Unfallverhütung usw.), sondern auch um technische Sicherheitslösungen gegen Brand, Einbruch, unerlaubten Zutritt oder Gefahren durch Gase. Unter „Sicherheitstechnik“ werden in diesem Zusammenhang vor allem elektronische (teilweise auch mechatronische) Systeme verstanden, wie Brandmeldeanlagen (BMA), Einbruchmeldeanlagen (EMA), elektroakustische Anlagen (ELA) für Not- und Evakuierungsdurchsagen, Gaswarnanlagen, Videotechnik (Videoüberwachung), Zutrittskontrollsysteme und weitere Komponenten. In Deutschland gibt es eine Reihe von Vorschriften, Normen und Richtlinien, die den sicheren Betrieb und die regelmäßige Wartung dieser Systeme regeln. Entsprechend haben sich spezialisierte Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten entwickelt – sowohl für Errichter- und Servicefirmen als auch für interne Unternehmensmitarbeitende, die sich intensiver mit Planung, Installation und Instandhaltung dieser Anlagen befassen möchten.
Unternehmen profitieren von qualifizierten Mitarbeitenden und anerkannten Prüf- und Errichternachweisen, da sie sich so im Markt differenzieren und Kunden sowie Versicherern hohe Standards belegen können. Für Mitarbeitende selbst sind derartige Qualifikationen ein Türöffner zu spannenden Projekten, einer sicheren Beschäftigung und attraktiven Aufstiegsmöglichkeiten. Wichtig ist, stets die relevanten Normen und Vorschriften im Blick zu behalten, sich regelmäßig fortzubilden und Zertifizierungen auf aktuellem Stand zu halten. Wer in die entsprechenden Fachkenntnisse investiert, legt den Grundstein für ein professionelles, zuverlässiges und sicheres Umfeld – sowohl im Betrieb als auch im Kundengeschäft.
Der VdS (Verband der Sachversicherer, mittlerweile nur noch „VdS Schadenverhütung“ genannt) ist eine renommierte Institution, die Richtlinien für die Planung, Montage und Wartung von Sicherheits- und Brandschutzanlagen in Deutschland erarbeitet und Zertifizierungen vergibt. Wer als Betrieb oder Fachmann/-frau Sicherheitstechnik anbieten und betreuen möchte, profitiert von einer VdS-Anerkennung, da Versicherer, Behörden und Kunden großen Wert auf dieses Gütesiegel legen.
Typische Qualifikationen und Zertifikate
VdS-anerkannter Errichter für Brandmeldeanlagen (BMA)
VdS-anerkannter Errichter für Einbruchmeldeanlagen (EMA)
VdS-anerkannter Errichter für Videoüberwachungsanlagen (teils noch nicht so stark standardisiert wie EMA/BMA, aber zunehmend relevant)
Schulungen zu VdS-Richtlinien (z. B. VdS 2311, VdS 2095, VdS 3138)
Aufgaben und Berechtigungen
Planung, Installation, Inbetriebnahme und Wartung von sicherheitstechnischen Anlagen gemäß VdS-Anforderungen
Ausstellung von VdS-konformen Dokumentationen und Prüfprotokollen
Betreuung von Prüfungen und Abnahmen durch Sachverständige
Aufwand
Dauer: Mehrtägige bis mehrwöchige Schulungen je nach Umfang und Systemgruppe
Kosten: Von einigen hundert Euro (z. B. für ein Seminar) bis zu mehreren tausend Euro (für umfassende Zertifizierungslehrgänge und Audits)
Regelmäßige Aktualisierungen und Audits (alle ein bis drei Jahre), um den Status als VdS-anerkannter Errichter zu erhalten
Nutzen
Unternehmen: Höhere Akzeptanz beim Kunden, Erfüllung von Versicherungsauflagen, Wettbewerbsvorteil durch anerkannten Qualitätsstandard
Mitarbeitende: Spezialisierung auf einem gefragten Gebiet, fachliche Reputation, verbesserte Karriereaussichten
Relevanz und Hintergrund
Die Norm DIN 14675 regelt u. a. die Planung, Projektierung, Montage, Inbetriebsetzung, Abnahme und Instandhaltung von Brandmeldeanlagen in Deutschland. Wer sich nach DIN 14675 zertifizieren lässt (bzw. in einem entsprechend zertifizierten Unternehmen arbeitet), weist nach, dass er Brandmeldesysteme fachgerecht errichten und betreuen kann.
Aufgaben und Berechtigungen
Fachgerechte Planung und Umsetzung von Brandmeldeanlagen gemäß DIN 14675
Organisation und Dokumentation des gesamten Lebenszyklus einer BMA (von der Errichtung bis zur Wartung)
Enge Zusammenarbeit mit Behörden (z. B. Bauaufsicht, Feuerwehr) und Versicherern
Aufwand
Mehrtägige Schulungen bei anerkannten Instituten (z. B. TÜV, Dekra, private Fachbildungsstätten)
Prüfung gemäß den Vorgaben der DIN 14675
Wiederkehrende Weiterbildung (alle 3–5 Jahre)
Nutzen
Unternehmen: Rechtssicherheit und normenkonforme Umsetzung, hohe Qualität in Ausschreibungen und Projekten, Anerkennung durch Versicherer und Behörden
Mitarbeitende: Fundiertes Fachwissen in einem sicherheitsrelevanten Gebiet, wertvoller Karrierebaustein
Relevanz und Hintergrund
Der BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e.V. ist ein Fachverband, der herstellerunabhängig Sicherheitsunternehmen und Sachverständige vereint. Neben der Interessenvertretung bietet der BHE umfangreiche Schulungen und Zertifizierungen an.
Typische Qualifikationen und Zertifikate
Fachkunde-Schulungen für Einbruchmeldetechnik
Fachkunde-Schulungen für Videoüberwachung
Fachkunde-Schulungen für Zutrittskontrolle
BHE-Fortbildungen zu Rechtsgrundlagen, Technikstandards und Normen (z. B. DIN VDE 0833)
Aufgaben und Berechtigungen
Planung, Installation und Wartung verschiedener sicherheitstechnischer Systeme
Erlangen eines BHE-Gütesiegels durch erfolgreiches Audit und regelmäßige Fortbildung
Aufwand
Meist kompakte Seminare (1–3 Tage) plus Prüfung bzw. Zertifizierung
Kosten variieren je nach Seminarumfang und BHE-Mitgliedsstatus (Mitglieder zahlen oft reduzierte Gebühren)
Nutzen
Unternehmen: Branchenbekanntes Qualitätssiegel, bessere Positionierung am Markt, ständige Wissensaktualisierung
Mitarbeitende: Praxisnahes Know-how, Netzwerkbildung in der Branche, anerkannter Weiterbildungsabschluss
Relevanz und Hintergrund
Viele sicherheitstechnische Anlagen benötigen eine fachgerechte elektrische Installation und Anbindung. Eine Voraussetzung dafür ist die Qualifikation zur „Elektrofachkraft“ oder „Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten“. Die DIN VDE 0833 z. B. regelt u. a. den Aufbau und Betrieb von Gefahrenmeldeanlagen (Brand, Einbruch, Überfall).
Aufgaben und Berechtigungen
Installation, Inbetriebnahme und Instandsetzung elektrischer Sicherheitseinrichtungen
Durchführung von Prüfungen nach DGUV Vorschrift 3 (ehemals BGV A3)
Verantwortung für die Einhaltung von VDE-Normen und Arbeitssicherheitsstandards
Aufwand
Je nach Vorbildung (z. B. gelernter Elektroniker/Elektriker) kurze bis längere Zusatzschulungen zur Erlangung einer eingeschränkten oder umfassenden Elektrofachkraft-Befugnis
Spezielle Lehrgänge für Quereinsteiger, z. B. „Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten“ (mehrere Wochen Unterricht, praktischer Teil)
Nutzen
Unternehmen: Interne Kompetenz, um Installationen normgerecht durchzuführen, reduzierte Abhängigkeit von externen Elektrobetrieben
Mitarbeitende: Breitere Einsatzmöglichkeiten, höhere Verantwortung und bessere Vergütungsaussichten
Relevanz und Hintergrund
In bestimmten Branchen (Chemie, Lebensmittel, Energie, Wasser/Abwasser) oder bei bestimmten Prozessen (z. B. Kälteanlagen mit Ammoniak) sind Gaswarnanlagen vorgeschrieben oder dringend empfohlen. Eine Fachkunde für Planung, Installation und Wartung dieser Systeme ist essenziell, da Fehler gravierende Sicherheitsrisiken bergen.
Typische Lehrgangsangebote
Herstellerbezogene Schulungen (z. B. Dräger, GfG, MSA)
Unabhängige Schulungen durch TÜV, Dekra oder Fachverbände
Aufgaben und Berechtigungen
Projektierung und Einbau von Gaswarnsystemen in gefährdeten Bereichen
Kalibrierung, Justage und regelmäßige Funktionskontrollen
Zusammenarbeit mit Prüforganisationen und Aufsichtsbehörden
Aufwand
Je nach Tiefe der Ausbildung: 1–5 Tage für Herstellerseminare, oft mit Praxisübungen
Regelmäßige Refresherkurse alle 1–2 Jahre (justage- und kalibrierungsbezogen)
Nutzen
Unternehmen: Erfüllung gesetzlicher und berufsgenossenschaftlicher Vorschriften, Minimierung von Ausfallzeiten und Unfällen
Mitarbeitende: Hochspezialisiertes Know-how, Sicherheit am Arbeitsplatz, wichtige Schnittstellenfunktion
Relevanz und Hintergrund
Videoüberwachungssysteme und Zutrittskontrollanlagen sind mittlerweile Standard in vielen Unternehmen und Behörden. Neben den technischen Aspekten spielen auch datenschutzrechtliche Anforderungen (DSGVO, BDSG) eine große Rolle.
Typische Qualifikationen
Fachplaner/-in für Videotechnik (z. B. Schulungen bei BHE, VdS oder privaten Anbietern)
Spezialist/-in für Zutrittskontrollsysteme (Herstellerseminare, BHE-Schulungen)
Installation, Wartung und Support der Systeme, Einhaltung der Datenschutzbestimmungen
Umsetzung von Zutrittsmanagement (Ausweise, Biometrie, Schließanlagen)
Aufwand
Meist modular aufgebaute Seminare (1–3 Tage pro Modul), ggf. mit Abschlussprüfung
Kosten: einige hundert bis wenige tausend Euro je nach Anbieter und Umfang
Nutzen
Unternehmen: Professionelle und rechtskonforme Video- und Zutrittslösungen, Schutz von Sachwerten und Mitarbeitenden
Mitarbeitende: Vertiefte IT- und Netzwerktechnik-Kenntnisse, Kombination aus Sicherheitstechnik und Datenschutzkompetenz
Relevanz und Hintergrund
Wer komplexe Projekte im Bereich Sicherheitstechnik (Brand, Einbruch, Video, Zutritt etc.) aus einer Hand anbieten will, benötigt oft eine umfassende Weiterbildung, die sowohl technische als auch organisatorische und rechtliche Aspekte abdeckt. Verschiedene Institute und Fachhochschulen bieten deshalb Weiterbildungen zum „Fachplaner“ oder „Projektleiter“ für Sicherheitstechnik an.
Inhalte
Grundlagen der Gefahrenmelde- und Überwachungstechnik
Brandschutztechnische Normen und Vorschriften
Projektmanagement und Kommunikation mit Behörden und Kunden
Praxisprojekte und Fallstudien
Aufwand
Dauer: Zwischen einigen Monaten (z. B. berufsbegleitend) und bis zu zwei Jahren (je nach Intensität)
Kosten: Ab einigen tausend Euro, abhängig von Anbieter und Umfang
Nutzen
Unternehmen: Ganzheitliche Kompetenz im Projektteam, Sicherstellung reibungsloser Abläufe, nur ein Ansprechpartner für den Kunden
Mitarbeitende: Vertiefte Fähigkeiten im Management komplexer Sicherheitsprojekte, Aufstiegsmöglichkeit ins mittlere Management
Normen und Regelwerke
DIN VDE 0833 (Brand-, Einbruchmeldesysteme)
DIN 14675 (Brandmeldeanlagen)
DIN EN 16763 („Dienstleistungen für Brandsicherheits- und Sicherheitsanlagen“)
DGUV Vorschriften (bei Anlagen mit sicherheitsrelevanten Funktionen)
Datenschutzrechtliche Vorgaben (insbesondere bei Videoüberwachung und Zutrittskontrolle)
Herstellerschulungen und Systemtrainings
Viele Anlagen erfordern spezifisches Fachwissen, das nur direkt vom Hersteller vermittelt wird (z. B. Bedienung, Programmierung, Inbetriebnahme).
Regelmäßige Updateschulungen sind sinnvoll, da sich Firmware und Software häufig ändern.
Zertifizierungen und Audits
Institutionen wie VdS, TÜV oder BHE verlangen oft (jährliche) Audits oder Nachschulungen, um das Zertifikat aufrechtzuerhalten.
Das Qualitätsmanagement (z. B. ISO 9001) kann den Aufbau und die Dokumentation der Sicherheitsprozesse unterstützen.
Berufliche Hintergründe und Voraussetzungen
Häufig sind elektrotechnische Ausbildungen (z. B. Elektroniker, IT-Systemelektroniker, Mechatroniker) oder ein Ingenieur-Studium (Elektrotechnik, Mechatronik, Sicherheitstechnik) vorteilhaft oder sogar Voraussetzung.
Quereinsteiger können durch spezifische Lehrgänge den Einstieg schaffen, benötigen aber oft mehr Zeit und umfassendere Grundlagenkurse.
Kosten und Investitionen
Neben den Schulungs- und Prüfungsgebühren fallen Reise-, Übernachtungs- und ggf. Ausfallkosten an.
Langfristig rechnet sich die Investition durch Wettbewerbsvorteile, geringere Haftungsrisiken und höhere Kundenzufriedenheit.
Karriereperspektiven
Die Nachfrage nach Fachkräften in der elektronischen Sicherheitstechnik ist hoch.
Mit entsprechenden Zertifikaten und Weiterbildungen eröffnen sich attraktive Berufsfelder – von der Errichterfirma über Planungsbüros bis hin zu Herstellern oder Prüforganisationen.